Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Heinz-Peter Schneider zum Haushalt 2017 6. Dezember 201615. Januar 2017 Sehr geehrte Herr Landrat, sehr geehrte Herren Beigeordnete, verehrte Kolleginnen und Kollegen im Kreistag, der vorliegende Haushaltsplan 2017 mit der Haushaltssatzung ist eigentlich schnell „ab gefrühstückt“ („Das bisschen Haushalt“ RH vom 3.12.2016). Auch wenn es wieder ein dickes Werk geworden ist mit genau 396 Seiten, 115 Produkten und 407 Leistungen und vielen, vielen Zahlen gibt es wenig zu diskutieren und zu kritisieren. Von den Eckdaten her betrachtet findet sich im Ergebnishaushalt eine schwarze Null (+ 32.700 Euro), die Kreisumlage bleibt stabil und der Finanzhaushalt weist zwar rote Zahlen aus, die sich aber durch die fortlaufende hohe Investitionstätigkeit des Landkreises – ja rund 15,5 Mill. Euro im Jahr 2017 – erklären, die auch von uns Grünen im Großen und Ganzen mitgetragen wird. Und wenn wir von Investitionen sprechen, dann vor allen Dingen an und in unseren Schulen. Diese Schulen sind auch uns Grünen lieb und teuer, wir hätten aber neben den notwendigen Investitionen in Beton, neue Fenster, Wärmedämmung und moderne Lehrmittel in diesem Jahr auch gerne eine Weichenstellung zu einer zweiten IGS in unserem Landkreis gesehen. Die Mehrheit im Kreistag hat bei der Verab-schiedung des neuen Schulentwicklungsplans leider anders entschie-den, zum Leidwesen zahlreicher Eltern, die sich eine Integrierte Gesamtschule in der Nähe für ihr Kind wünschen. Neben den Schulen sind es im kommenden Jahr größere Beträge, die nach LU-Oggersheim zum Kinderzentrum Oggersheim (600 TE), in den Ausbau von Kindertagesstätten (800.000 TE), in die neue Integrierte Leitstelle Ludwigshafen (1,4 Mill E), und in den Ersatzbau der Rettungswache Mutterstadt fließen. Und zuletzt nicht zu vergessen, das Hallenbad Römerberg, welches 2017 endlich saniert wird. Letztes Jahr sagte ich an dieser Stelle hierzu, dass auch wir Grüne unter dem Aspekt der reinen Modernisierung und effektiven Wärmedämmung der mit etwas über 2 Mill. Euro geplanten Maßnahme im Hallenbad Römerberg einige positive Seiten abgewinnen können. Zugleich fragten wir nach den Kosten für den Betrieb – getrennt nach Bad und Sauna. Ich glaube mit Fug und Recht sagen zu können, dass in der besagten Kreisausschusssitzung im Frühjahr dieses Jahres, als dann die Zahlen präsentiert wurden, nicht nur ich etwas geschluckt habe bei der Präsentation dieser Zahlen. Der Saunabereich ist vom einstigen hoch gepriesenen Quer-Subventionier zum Zuschussbetrieb mutiert. Nach der Präsentation dieser Zahlen muss sich jeder in diesem Raum ernsthaft fragen, ob das Betreiben von Saunen eine hoheitliche Aufgabe ist und so weiter wie bisher mit Steuergeldern betrieben werden kann. Im Haushalt finden sie einen Rückgang der Leistungsentgelte aller Bäder (lediglich Maxdorf konstant) – und es bleibt, wenn ich mir den Zyklus der Modernisierung in anderen Bädern und Saunen anschaue, ein frommer Wunsch unseres Landrates, dass mit der jetzt startenden Moderni-sierung in Römerberg die Zahlen der Besucher wieder dauerhaft ansteigen werden. Was das Bad in Römerberg als solches angeht, so ist es schön nachlesen zu können, dass in Zusammenarbeit mit Speyer dies verstärkt für den Vereins- und Schulsport genutzt wird/werden soll. Das war ein Antrag der Grünen vor 4 Jahren! Nicht so viel Erfolg hatten wir Grüne mit unseren Anträgen in den Vorjahren zu den beiden großen geplanten Straßenbauprojekten des Landkreises, zu den beiden Unterführungen in Römerberg und Schifferstadt: sie stehen zwar noch nicht aktuell auf der Agenda, bleiben in unseren Augen aber eine Steuerverschwendung in Millionenhöhe, ganz gleich welche der beiden in den kommenden Jahren zuerst gebaut werden wird. Dagegen ist (fast) kein Geld für den sozialen Wohnungsbau da. Es ist erfreulich, dass der Kreiswohnungsverband nach vielen Jahren Pause in den Neubau von Sozialwohnungen eingestiegen ist und in einigen Gemeinden im RPK weitere Wohnungen entstehen, es bleibt allerdings weit hinter dem zurück, was angesichts der Wohnungsnot im Rhein-Neckar-Bereich geleistet werden müsste. Wenn ich von Wohnungsnot spreche, dann meine ich, dass es auch bei uns zwischenzeitlich zahlreiche Menschen gibt, die sich eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt nicht (mehr) leisten können. Wer dies ist und wie viele dies sind bleibt offen – es gibt leider niemanden im politischen Raum, der sich darum kümmert und als aller erstes einen genauen Überblick geben könnte. Ich komme zum Klimaschutz – und der Rolle des Rhein-Pfalz-Kreises dabei. Unverkennbar ist hier einiges im vergangenen wie im jetzt ablaufenden Jahr in die Wege geleitet worden – Stichworte: das integrierte Klimaschutzkonzept und das Klimaschutzteilkonzept „Klimaschutz in eigenen Liegenschaften“ verabschiedet, Klimapartner-schaft mit Costa Rica, Gründung der Energiegesellschaft „Neue Energie Rhein-Pfalz GmbH“, aber wir wissen alle, dass Beschlüsse, Absichtserklärungen und Planungen noch kein Handeln sind – und noch keine Fakten schafft. Wir tun einiges im Bereich der Wärmedämmung und effizienten Energienutzung in öffentlichen Gebäuden, aber gerade im Verkehrsbereich bleibt, gemessen an unseren nationalen Zielsetzungen, noch viel zu tun, wie man vor wenigen Tagen erst nachlesen konnte. Dies muss auch für unseren Rhein-Pfalz-Kreis gelten, der im Vergleich zu vielen anderen Flächenlandkreisen in RLP nach Meinung vieler ein gut ausgebautes öffentliches Nahverkehrsnetz hat, aber haben Sie schon einmal versucht mit dem öffentlichen Nahverkehr am Wochenende abends aus Altrip (Gemeinde mit ca. 8.000 Einw.)hinein oder heraus zu kommen? Ein Ding der Unmöglichkeit! Wir zahlen jährlich ca. 2,2 Millionen Euro in den ÖPNV aber es bleibt noch lückenhaft. Die Energiewende hat im Verkehrsbereich noch nicht stattgefunden; hier müssen wir verstärkt unser Augenmerk darauf richten. Manchmal hängt es an „Kleinigkeiten“ wie fehlenden überdachten Bushaltestellen, frühzeitiger Kundeninformation bei Verspätungen oder an einem fehlenden Zuschuss zu einer Nextbike-Station vor der Kreisverwaltung hier mitten in LU. Oft fehlt es aber auch an guten Beispielen, bei denen die Verwaltung vorangeht: Stichwort Elektromobilität – siehe unseren Antrag – oder Stichwort: Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs durch Mitarbeiter/innen bis hin zur Spitze. Ein Wahlkampftipp: Landrat fährt mit dem ÖPNV von Dudenhofen ins Kreishaus. Herr Landrat – Sie werden sehen, wie schön das ist. Ich komme zum (finanziell-) dicksten Brocken im Haushalt, den Teilhaushalten 5 und 6 – kurz Jugend- und Sozialhaushalt: Dazu ist ja schon von einigen etwas gesagt worden, insbesondere auch zu den nahezu schon automatisch vorhandenen jährlichen Steigerungen. Hr. Hammes hat im Rheinpfalz-Interview einige Gründe dafür genannt – ich möchte noch einen wichtigen hinzufügen: Art 1 unseres Grundgesetzes, der da lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. “ Die Umsetzung dieses GG-Artikels kostet nun mal Geld. Ganz gleich ob dies bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen mit rund 38,5 Millionen Euro der Fall ist oder bei der Aufnahme von asylsuchenden Menschen, hier mit einem Ansatz von 17,2 Millionen Euro Aufwen-dungen erfasst. Wir leben in einer Zeit, in der ich darauf hinweisen muss, dass unsere Verfassungsväter und –mütter ganz bewusst nicht von der Würde eines jeden Deutschen gesprochen haben, sondern von der Würde eines jeden Menschen, die es zu achten und zu schützen gilt. Man kann dem entgegnen, dass in den Jahren 1948/49 die Welt noch ganz anders aussah – und das Ausmaß der derzeit laufenden Globalisierung nicht mal geahnt wurde. Die Welt ist ein Dorf geworden! Das ist richtig. Andererseits Flucht und Vertreibung gab es schon immer (Altes/Neues Testament) nur die Ursachen sind vielfältiger und globaler geworden. Bundespräsident a.D. Köhler wies bei seiner Laudatio im Rahmen der Bambi-Verleihung an Papst Franziskus daraufhin, dass viele Fluchtbewegungen menschlichen Ursprungs sind, auch verursacht durch den Klimawandel, der in Teilen Afrikas und Asiens ein Ausmaß angenommen hat, das wir uns hier in einer klimatisch gemäßigten Zone überhaupt nicht vorstellen können. Alles hängt mit allem zusammen – aktives Eintreten für Klimaschutz ist gleichzeitig eine vorbeugende Maßnahme gegen Perspektivlosigkeit und Flucht. Daran sollten wir immer denken – auch wenn es „nur“ um die Beschaffung von Bleistift, Papier und Kaffee geht. Auch wenn wir Grüne hier regelmäßig den Vorwurf bekommen uns in die Geschäfte der laufenden Verwaltung einzumischen, glauben wir fest daran, dass auch viele kleine „gute Taten“ zählen und addiert einen ordentlichen Betrag ergeben. Hier warten wir auf ein Konzept der Verwaltung, wie diese als Ganzes nach ökologischen und sozialen Kriterien wirtschaftet. Kurz zurück zum Jugend-und Sozialhaushalt: Die Integrationshilfen oder Assistenzleistungen bei behinderten Kindern in Kindertagesstätten und Regelschulen, wo steigende Fallzahlen und ein erhöhter Zuschussbedarf zu verzeichnen ist, finden die volle Zustimmung meiner Fraktion. Ich habe jedoch die Bitte an den neuen Sozialdezernenten uns bei einer der kommenden Sozialausschusssitzungen über das vorliegende Haushalts-Zahlenwerk hinaus im Bereich der Eingliederungshilfe, konkret im Bereich der heilpädagogischen Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen detailliertere Informationen zu geben. Ebenso bitte ich die Verwaltung im Kindertagesstätten Bereich zukünftig neben der Gesamtzahl der Plätze und dem Zuschussbedarf auch die Zahl der vorhandenen Ganztagsplätze regelmäßig auszuweisen. Im vergangenen Jahr hatte ich in meiner HH-Rede darauf hingewiesen, dass es immer noch an solchen Plätzen mangelt – und es ist gut, wenn wir alle als Kreistag dies im Blick behalten. Es bleibt auch in den kommenden Jahren viel zu tun. Wir Grüne tragen diesen Haushalt 2017 mit, auch wenn wir nicht immer und mit allem im Detail einverstanden sind. Und ganz gleich wie die Entscheidungen ausfallen sind wir Grüne an einer umfassenden Information interessiert – für uns selbst aber auch für die Bürgerin und den Bürger im RPK. Eine Aussage im vorliegenden HH-Plan wie „Die Haushaltsreste werden weiter benötigt“ provoziert ja geradezu zu der Frage „Wozu?“ Die Antwort der Verwaltung auf unseren Fragekatalog (Seite 4 zum TH 9) mit Hinweis auf die Gemeinde Haushalts-Verordnung und dem Verweis auf andere Stellen im Ergebnis- und Finanzhaushalt hilft da nicht weiter bzw. beantwortet die Frage inhaltlich nicht wirklich. Es ist das gute Recht der Politik bei der Verwaltung nachzufragen, ggf. auch mehrmals und etwas schärfer formuliert – und es kann nicht sein, dass wir uns mit einer solch formal-bürokratischen Antwort zufrieden geben müssen. Herzlichen Dank der Verwaltung, insbesondere der Finanzabteilung, für die Anfertigung des „bisschen Haushalts“. Herzlichen Dank an die Sozialabteilung mit Herrn Werner an der Spitze für ihr großes Engagement in der Betreuung von Asylsuchenden. Herzlichen Dank allen, Verwaltungsspitze wie KT-Fraktionen, für die bei aller Differenz in der Sache relativ gute Zusammenarbeit. Danke für ihre Aufmerksamkeit.
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